Entangled: Elisabeth Falkinger & Hannah Stippl
Eröffnung: Freitag, 12. Februar 2021, 14:00 - 20:00 Uhr
Ausstellungsdauer: 13. - 28. Februar 2021
Finissage: Sonntag, 28. Februar 2021, 15:00 - 20:00 Uhr mit Spontanperformances von Elisabeth Falkinger
Öffnungszeiten: Donnerstag und Freitag 17:00 bis 20:00 Uhr
Samstag und Sonntag 15:00 bis 19:00 Uhr
basement Grundsteingasse 8/TOP 34-35, 2. Hof, 1160 Wien
Wir freuen uns sehr euch / dich / Sie im basement begrüßen zu können, selbstverständlich unter Einhaltung der Covid-19 Schutzmassnahmen.
basement Vienna LAB 2020 - processive / empirical
Das Jahresthema LAB 2020 beschäftigt sich zum einen mit künstlerischen Schaffensweisen, die auf Erfahrung und systematisch gewonnen Daten beruhen, zum anderen mit Entwicklung und Auslotung von Erfahrungswerten, prozesshaftem Arbeiten und der räumlichen Nutzung des gegebenen Raumes während eines selbstgesteuerten Zeitraumes durch die eng zusammen arbeitenden KünstlerInnen.
Der interessante und herausfordernde Aspekt dieses Jahresthemas ist nicht per se künstlerische Forschung zu betreiben, sondern die Schaffung von Kollaborationen zwischen Prozess und Wissenschaft, den kollaborativen Ansatz zwischen KünstlerInnen / KuratorInnen und ihr Streben nach einer räumlichen und konzeptionellen Nutzung des Raumes.
Für die letzte Ausstellung im Rahmen dieses Jahresthemas, die bereits im November 2020 stattfinden sollte, haben Elisabeth Falkinger und Hannah Stippl die gemeinsame Installation Entangled entwickelt. Grundlage der Installation sind zwei Arbeiten, die im Jahr 2020 entstanden sind: Lockdown, Reisebeschränkungen und Unsicherheit, Covid-19 also, haben bereits die Entstehung dieser Arbeiten begleitet. Der Titel der gemeinsam erarbeiteten Installation "Entangled" bezieht sich auf Charles Darwins berühmte Beschreibung einer Uferböschung:
Charles Darwin leitet den letzten Absatz seines Buches "The Origin of Species" mit der Betrachtung einer dicht bewachsenen Uferböschung ein. Entangled wird in der deutschen Version von Darwins Text mit "dicht bewachsen" übersetzt, doch die Bedeutung des Wortes ist umfangreicher: Entangled kann man mit verwickelt, verwoben oder verschränkt übersetzen; "to entangle" heißt umschlingen, verwirren, verfangen, sich verheddern, verstricken. Es beschreibt immer eine Form der engen, aber nicht leicht durchschaubaren und ambivalenten Verbundenheit.
Darwin betrachtet das Uferdickicht mit einer Mischung aus Bewunderung, Scheu und Distanz. Als naiv-moderner Beobachter glaubt er sich in keiner Weise der Natur verbunden, über die er aber frei verfügen kann. Die zeitgenössischen Krisen zeigen das wahre Ausmaß dieses Irrtums. Erst langsam begreifen wir die wahre Tragweite unserer Verbindung. Ist das von Darwin so reizvoll beschriebene Ufer schon bedeckt von Plastikmüll, den Ölschlieren des letzten Schiffsunglücks oder Teil eines Ferienresorts? Entangled kann man längst nicht mehr mit "dicht bewachsen" übersetzen. Die Natur, trotz ihrer evolutionären Veränderung von unveränderlichen Gesetzen beherrscht, als verlässliches und manchmal auch unberührtes Gegenüber des Menschen gibt es nicht mehr. Hat es sie je gegeben? Die ökologische Krise ist nicht nur eine Krise der Natur, sie ist in gleichem Ausmaß eine Krise der Kultur. Mensch und Natur sind verbunden, six degrees of separation. Das betrifft die Beziehung zu einem Markt in Wuhan ebenso wie zu den Bäumen des Amazonas, den Enten der Moldau oder der Eisschmelze in Grönland. Der Flügelschlag eines Schmetterlings in Brasilien kann einen Tornado in Texas auslösen, ein in Texas achtlos weggeworfener Kaffeebecher kann diesen Schmetterling tödlich treffen. Entangled heißt: Wir leben inmitten eines komplizierten Netzwerkes aus zahllosen Dingen und Lebewesen, verstrickt in die globalen Auswirkungen des Kapitalozäns, als dessen Abgesandter Darwin einst die Erde bereist hat.
Diese ununterscheidbare Vermischung von Natur und Kultur zu hybriden Objekten steht im Zentrum der Arbeiten von Elisabeth Falkinger und Hannah Stippl.
Elisabeth Falkingers Arbeit "SCHOPPEN" ist während eines AIR Aufenthalts in Krumau entstanden. Auch sie betrachtet eine "entangled bank", das Ufer der Moldau, Boote, Enten, Mauern. Nur alltägliche Szenen, nur Schlamm. Zarte, kleinformatige Zeichnungen dokumentieren fragile, hastig festgehaltene Beobachtungen.
Hannah Stippls Arbeit "Wie von der Erde sprechen" ist während des Corona-Lockdowns in Spanien entstanden. Im Zentrum steht die Beschäftigung mit Bruno Latours Analyse der Klimakrise in "Facing Gaia". Fragen, die sie wochenlang umkreist, bilden die Grundlage ihrer Arbeit. Was tun? Die Malerei wird zum Tagebuch einer eskalierenden Situation, einer Welt zwischen Schock und Panik.
Die gemeinsam erarbeitete Installation verschränkt die beiden so unterschiedlichen Arbeiten zu einem undurchdringlich verwobenen Ganzen, abseits der weißen Wände. Bilder und Zeichnungen überlagern einander, sind nicht mehr als einzelne Objekte sondern nur als vielstimmiges Ganzes lesbar. Entangled heißt hier verbunden, umschlungen und, nicht zuletzt, dicht bewachsen.
Fotos Martin Rainer