Sieben Jahre
Ich habe Anita 2006 bei ihrer Aufnahmeprüfung in der Klasse für Landschaftsdesign an der Angewandten kennengelernt. Ich habe die eigenartige Erinnerung an diesen Tag, dass es in dem Moment, als sie das Zimmer betreten hat, ein wenig heller geworden ist, die Farben ein wenig bunter wurden. Mit der Zeit wurde sie von der Studentin zur Künstlerin, zur Kollegin, zur Freundin und zur künstlerischen Partnerin. Nach ihrem Diplom 2012 bot sich die Gelegenheit zu zweit ein Projekt bei der Chelsea Fringe in London zu machen, und danach haben wir einfach nicht aufgehört. Nicht weil wir einen großen Plan gehabt hätten, sondern aus reiner Freude. Gemeinsam haben wir riesige Wandbilder gemalt, und so viele Arbeiten auf Papier, haben Staudenbeete geplant, und haben Workshops und Ausstellungen auf der halben Welt gemacht. Anita war eine leidenschaftliche und unkonventionelle Künstlerin, präzise und voller Energie. Jeder Bereich der mit Form, Materialästhetik, Raum und Atmosphäre, mit Schönheit zu tun hatte, hat ihr keine Ruhe gelassen. Sie liebte die praktische Seite der Kunst, die Arbeit mit Farben und Pflanzen. Sie wusste was sie wollte, und wenn nicht, hatte sie genug Neugierde und Freude am Risiko um es herauszufinden.
Eines ihrer schönsten Werke nannte sie "flirrend weiss". Ein gemaltes Bild diente als Grundlage für die Pflanzenauswahl eines weiß blühenden Staudenbeetes, das sie im Botanischen Garten pflanzen konnte. Über Jahre hinweg machte sie ein Mal wöchentlich von oben ein Foto dieses Beetes, ob Sommer oder Winter. Sie war eine genaue, ausdauernde Beobachterin, die Woche für Woche jede Veränderung registrierte. Im Hintereinander dieser Bilder sieht man das Wachsen, das Blühen und das Vergehen dieser Pflanzen. Man sieht die Erde und das Unkraut. Auf manchen Bildern sieht man nur ein paar trockene Blätter. "Da ist ja nichts" könnte man sagen, aber genau diese Bilder zeigen ihre feine künstlerische Wahrnehmung: Sie sah die Schönheit der Welt auch dort, wo eigentlich nichts, nur ein wenig feuchte Erde oder ein paar zufällige Farbtupfer waren. Sie sah die Blumen in der Malerei, und die Malerei in den Blumen. Unsere gemeinsame Arbeit ist eingebettet in diesen Kreislauf aus Pflanzen und Farben.
Mit Anita zu arbeiten war mühelos wie ein Tanz. Wir wussten, was die andere tut und waren gleichzeitig neugierig darauf. Wir machten gewagte Sprünge, und vielleicht sind wir manchmal ausgerutscht, aber wir wussten, dass wir einander auffangen und aus dem vermeintlichen Fehler eine neue, aufregende Choreographie entwickeln können. Ich bin Anita für jeden Schritt, für jede gemeinsame Minute, für jedes Lächeln dankbar. Und trotzdem, es war viel zu wenig, viel zu kurz. Sie fehlt mir.